Hipster-Faibles: Das sind die nächsten Comebacks | NZZ Bellevue

2022-10-08 23:32:44 By : Ms. Annabelle Tang

Der Hipster denkt sich gerne etwas Neues aus, so wie zuletzt den «Avolatte» – Milchkaffee, getrunken aus einer Avocado-Schale. Wir haben dem Hipster aber auch einiges an nostlagischer Kuriosa zu verdanken: Fanny Packs, übergrosse Sportblousons, Bleached-Denim, Kaktusse und natürlich Bärte. Mit diesen Insignien ist das Königreich des Hipsters gut abgesteckt – aber noch keineswegs ausreichend dekoriert. Wir können uns da einige weitere fast vergessene Nostalgie-Revivals vorstellen. Denn für den Hipster gilt bekanntlich: je abseitiger, umso heisser. Was ausserdem zählt: lokale Produktion, robuste Historie und ein guter Schuss 1970er bis 1990er Flair.

Der mutmasslich hässlichste Schuh der Welt (mal abgesehen vom MBT, der auch noch Hipster-Potenzial hätte) blickt auf eine immerhin gut 50-jährige Erfolgsgeschichte zurück – erfunden hat ihn ein knorriger Lothringer mit dem Namen Martin Michaeli. In den siebziger und achtziger Jahren waren diese breiten Schnürschuhe mit der Gummisohle bei jungen Vätern hip – die Zielgruppe hat sich seither nicht mehr erneuert. Höchste Zeit für ein Mephisto-Revival! Oder müssen ihn erst die Gvasalia Brothers von Vetements entdecken?

@patta_nl x Mephisto Rainbow was released yesterday #patta #pattanl #mephisto #mephistoshoes #collab #collaboration #fashion #style #brands #clothing #shoes #footwear #trainers #sneakers #mensgoods #menswear #mensfashion #menstyle #mensstyle #mensclothing #mensshoes #thebranddepartment

Ein Beitrag geteilt von The Brand Department (@thebranddepartment) am 2. Apr 2017 um 9:24 Uhr

Wandteppiche stehen kurz davor, ein Comeback zu haben – und mit ihnen dürfte sich auch die alte Makramee-Knüpftechnik wieder neuer Fans erfreuen. Die handwerkliche Kulturtechnik, ursprünglich aus dem arabischen Raum nach Europa importiert, erfreute sich letztmals in den 1970er Jahren grosser Beliebtheit – da und dort sind sicher noch Makramee-Eulen aus der Zeit erhalten. Ihr Preis dürfte exponentiell steigen, wenn die Hipster auf den Geschmack kommen.

The macrame biz makes me learning totally new things. I didn't before that I have so much fun working on a website or having a fotoshooting. What else will I learn? Curious... #macramé #modernmacrame #fotoshooting #thebestshot #supportsmallbusinesses #etsy #etsysellers #smallshop #makramee #fiberart #wallhanger #wanderlust #weaving #interior #interiordesign #boho_style #bohemian #ibiza #ibizastyle #onlinebiz #hannover #knots #inthemaking #makingof #entrepreneur #emprende #boho_style #boho #gypsy

Ein Beitrag geteilt von Fair-Knotted Design ⠀ (@fair_knotted) am 29. Mai 2017 um 11:36 Uhr

Mit allen Mitteln versucht die Marke Swatch, wieder fashionable zu sein. Es könnte bald zu einem Revival kommen, denn immerhin ist es nun schon dreissig Jahre her, seit die Schweizer Plasticuhr hip war. Das coolste Modell war aber die runde Pop-Swatch, deren Bänder kinderleicht zu wechseln waren. Sogar Vivienne Westwood entwarf damals Editionen davon. Im Zuge der Neubewertung der Swatch-Plastic-Ästhetik dürfte auch das «Twin-Phone» aus dem gleichen Hause wieder neue Fans bekommen.

Old and new generation Pop Swatches - my first Pop Swatch from 1992 (still working!) and my new one 25 years later!!! #popswatch #swatch #nostalgia #retro #thismakesmefeelold #love #bigwatches

Ein Beitrag geteilt von Noura Mokhtar // (@noura_mokhtar) am 29. Mai 2017 um 1:59 Uhr

Sollte sich eines Tages unter Hipstern herumsprechen, dass die meisten der gerade so modischen Velorahmen aus Taiwan kommen und darum einen ganz schlechten ökologischen «footprint» haben, dürften sich die robusten alten Töffli aus europäischer Produktion wieder neuer Beliebtheit erfreuen. Sie stinken zwar ein bisschen (die Hipster auch), aber dafür haben die Knatterdinger von Sachs, Hercules, Piaggio und Puch einen soliden Stammbaum und dürfen mit Fug und Recht als superauthentisches Vintage-Rollmaterial bezeichnet werden. Die Töffli von Pony werden am gefragtesten sein – sie kommen aus Feuerthalen und werden dort seit 1961 nahezu unverändert gebaut.

An die Aufregung um den guten alten VW-Bully, auch als «Hippie-Bus» bekannt, hat man sich schon gewöhnt. Aber Hand aufs Herz: So richtig bequem sind die kleinen Kisten nicht. Weil der Hipster aber unbedingt von Zeit zu Zeit raus in die Natur muss, um sich zu «erden», werden sich die grausam hässlichen Wohnmobile von Hymer & Co, auch WoMos genannt, bald eines neuen Booms erfreuen. Die Materialisierung im Stil einer Flugzeugtoilette – weisses Lotterplastic und Holzfolien – strahlt perfekte Ironie aus!

Das Rauchen ist seiner Eleganz und seines authentischen Flairs beraubt worden. Digitaldampfen ist keine Option, moderne Zigaretten sind öde Massenware, und auch die Selbstgerollten sind inzwischen weitverbreiteter Standard. Darum schlägt nun die Stunde der authentischen Schweizer Zigarillos, wie sie Villiger mit dem «Kiel» produziert. Sie halten das für arg weither geholten Humbug? Dann schauen Sie mal auf der Webseite von Villiger nach. Die stehen schon bereit, etwa mit der neuen «Original Krumme Junior».

Der echte Hipster sucht mit Leidenschaft Nischenprodukte und kuriose Marken, um sich vom Konsum-Mainstream abzuheben. Das Dumme ist allerdings, dass dadurch eine schräge Marke nach der anderen wieder in den Status der Hipness gehoben wird – und die Suche von vorne anfängt. Nach den Jacken von Fjäll-Räven, North Face, Patagonia und Helly-Hansen könnte man nun also die Kreationen der finnischen Outdoor-Marke Rukka erwägen.

? This is mökki life.

Ein Beitrag geteilt von D U M B 0 (@dumbothevizsla) am 25. Mai 2017 um 10:51 Uhr

Eine coole Hipstermatratze von Eve oder Casper aus dem Netz bestellen? Bääk, das macht doch jetzt schon jeder Vorstädter. Der Hipster mit Anspruch wird darum sehr bald seine Budget-Schlafunterlage auf die Strasse stellen und dafür ein tonnenschweres Wasserbett alter Schule installieren lassen. Zu sanftem Glucksen lässt es sich immer noch am besten von einer Kajakfahrt in der kanadischen Wildnis träumen.

Goodbye geliebtes Wasserbett???? ???....wenn Dinge kaputt sind , muss man sich davon trennen, auch wenn es verdammt schwer ist ??#goodbye #wasserbett #ichwerdedichvermissen #kaputt #traurig #soistdasleben #?

Ein Beitrag geteilt von ??✨ (@kurzverena) am 2. Mai 2017 um 8:16 Uhr

Irgendwann hat bald jeder einen feinen, filigranen Beistelltisch von Inch Furniture oder Hay zu Hause. Wie kann man sich also abheben? Durch die sperrigen Relikte aus den achtziger Jahren, die heute zu Hunderten ungeliebt im Brocki auf ein neues Leben warten! Mit einem gläsernen Salontisch wird man seine Freunde, die zum Scrabble-Spielen und Small-Batch-Gin-Verkosten kommen, sicher ordentlich verblüffen können.

Kristallgläser mit Schliff sind bei Menschen mit Geschmack und Zeitgeist-Kenntnis gerade sehr en vogue. Schön, aber vielleicht nicht genug «trashy». Ein Hipster, der etwas wagen will, wird sich darum Hals über Kopf in die nun lange als «bad taste» verschmähten Buntglas-Kelche verlieben. Daraus dann bitte immer Lambrusco trinken.

I've been up since 3 am. Happy Friday indeed! Cheers! ? #friday #weekend #wine #bluewineglass #dodgerfan #tgif #icansleepintomorrow

Ein Beitrag geteilt von Fay Zuniga Schicktanz (@foreverdodgerfan) am 17. Okt 2014 um 22:22 Uhr

Lokal, unverändert, echt, über Generationen beliebt – der Generoso-Kuchen der Migros-Hausbäckerei Jowa wird seit den fünfziger Jahren produziert. Er erinnert an die Zahnradbahn auf dem Monte Generoso im Tessin, welche Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler einst vor dem drohenden Ende rettete. Der Kuchen besteht aus hellem Biskuit mit Cremefüllung und ist von einer Kakaoglasur überzogen, die grüne Streusel-Sprenkel hat.

Was kann nach dem «Kanken»-Rucksack von Fjäll-Räven und den lappigen Stoffbeuteln, die Hipster typischerweise herumtragen, als Nächstes kommen? Wir vermuten, dass der kommune Plasticsack ein Comeback haben wird, der seit dem Ende der offenen Drogenszene in Zürich irgendwie nicht mehr in Mode war. Ein solches Produkt als Alltagstasche zu nutzen, ist auf die Spitze getriebene Nachhaltigkeit!

Happy! Saturday! 방에서 뒹굴거리다 장 보러 가는 키작고 못생긴 개띠 아재 ? 즐거운 토요일 ! #warehouse#티셔츠에모기아닌벌입니다#patagoniabaggies#chubasco#plasticbag

Ein Beitrag geteilt von B (@breadnim) am 27. Mai 2017 um 1:43 Uhr

Den Oma-Dutt, also ein am Hinterkopf sitzendes Haar-Päckchen, haben die Hipster ja längst adoptiert. So, what's next?! Wir meinen, dass es eine ganze Weile her ist, seit Menschen die sogenannten «Schwänzchen» trugen, im Englischen auch «rat tails» genannt. Anfang der 1980er Jahre war es mal in Mode, sich im Nacken ein solch dünnes bisschen Extrahaar stehen zu lassen.

Hipster lieben alte Audio-Technik. Schallplatten gehören schon länger zum guten Ton, einige hantieren auch gerne mit alten Tonbandgeräten herum. Noch weitgehend unentdeckt ist dagegen das grosse Revival-Potenzial der kommunen Audiokassette. Eine solche mit selbst ausgesuchter Musik zu bespielen und zu verschenken, war einst der ultimative Liebesbeweis. Das Luzerner Independent-Label Banalog stellt sie bereits wieder her, mit wunderbar jammernder Indie-Musik von Hipster-Bands.

Hipster haben immer «ein Projekt», das ihre volle Aufmerksamkeit erfordert. Dazu kann auch das Essen gehören – die Beschäftigung mit Nahrungsmitteln grenzt mitunter ans Obsessive. Es wird über kurz oder lang zu einer Gegenbewegung kommen. Hipster entdecken dann die unkomplizierten Sättigungsqualitäten von solidem Büchsenfood wieder. Einst stand in jeder respektablen Schweizer Stadt eine Fabrik, die Dosenravioli fertigte. Die alten Rezepte dürften bald neu aufgelegt werden.

Gutes Essen ist in Hipster-Kreisen derart hoch bewertet, dass man sich eigentlich nur noch abheben kann, indem man das Terrain von der anderen Seite her aufrollt. Trendsetter werden deshalb neue Methoden finden, um jahrzehntealten Standards der gutbürgerlichen Bünzliküche zu neuer Credibility zu verhelfen. Denkbar wären etwa handpanierte Fischstäbchen aus einheimsichem Wildfang.

Alte Kommunikationstechniken kommen wieder in Mode. Derzeit reissen sich die Hipster um die Neuauflage des alten Nokia-Klassikers 3310, das mit einer langen Batterielaufzeit und einer echten Digital-Detox-Aura überzeugt. Als Nächstes wird man dann wieder Pager in der Hosentasche tragen. Oder sich statt E-Mails und Whatsapp-Texten einen guten alten Fax zusenden. Mal ehrlich, wer beherrscht das Bedienen dieser Geräte überhaupt noch?

This is a Fax machine ? the e-mail's ancestor. Didn't realize one could still use it. In fact i wonder if it's hashtagable #fax #objectfrommyyouth

Ein Beitrag geteilt von Mario Jr Haddad (@mariojrhaddad) am 28. Mai 2017 um 19:32 Uhr

Seit den achtziger Jahren ist die richtig schön krause Dauerwelle nicht mehr in Mode gekommen – viel zu lange! Dabei hat die Dauerwelle einen echt guten, europäischen Stammbaum. Erfunden wurde sie 1906 vom deutschen Frisör Karl Ludwig Nessler, 1924 entwickelte sein Kollege Josef Mayer die Flachwicklung und bescherte der Kunstlocke einen ersten Boom.

Bevor Skateboards in den neunziger Jahren zu einer Religion und einem Statussymbol wurden, waren sie einfach nur lustige, billige Spielzeuge für Kinder. In einer Horde von Longboardern, die lit ihren handgefertigten Edelbrettern durch die Fussgängerzone cruisen, kann man mit so einem kommunen Plastik-Skateboard, wie es die Firma Penny Skateboards in den USA noch immer herstellt, für viel Aufsehen sorgen.

When the waves are flat, water woman @karina.petroni carves on her Penny. #PennyAdventures

Ein Beitrag geteilt von Penny Skateboards (@pennyskateboards) am 23. Mai 2017 um 12:15 Uhr

Disee vorgefertigten Emoticons, welche die Smartphones heute auf Lager haben, sind zwar praktisch, um seine Emotionen zu illustrieren – allerdings lassen diese Instant-Figürchen jeden künstlerischen Anspruch vermissen. Ein Hipster mit Niveau wird sich daher ein Vintage-«Etch-a-sketch»-Gerät besorgen und das Emoticon des Tages für seinen sorgfältig kuratierten Instagram-Account von Hand auf dem Gerät zeichnen. Für Hipster-Kinder ist die «Etch-a-sketch»-Zaubertafel ausserdem eine tolle Variante zum gerade angesagten Fidget-Spinner, um die Feinmotorik zu schulen.

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